Dienstag, 1. September 2015

Ein lachendes und ein weinendes Auge...

Vor drei Wochen hatte ich wieder die erste Reitstunde auf Grace gegeben. Sie war vor den Sommerferien etwas unwillig gewesen und hatte deutlich gezeigt, dass sie eine Pause brauchte.

Das war bis jetzt aber in jedem Jahr so. Also dachte ich, dass sie nach dreiwöchigem Nichtstun und Hufe hochlegen wieder munter dabei wäre. Leider sah die Sache ganz anders aus. Die erste Reitschülerin kam, und das Pony war bockig. Mit vielen Überredungskünsten und ein paar kleinen Hindernissen zum Springen war Grace dann doch bereit, ihre eigentlich ganz gute Reitschülerin zu tragen.

Aber ich war höchst betrübt und besorgt um meine kleine Grace. So sprach ich denn mehrfach mit ihr, wobei herauskam, dass ich sie nicht in Rente schicken wollte, sie aber nicht mehr so viele verschiedene Schüler haben wollte. Nach langem Hin und Her einigten wir uns.

Sie wollte zukünftig von einem Mädchen betreut werden und wegen ihrer leichten Heuallergie möglichst auf einer Nordsee-Insel wohnen.

Traurig und mit wenig Hoffnung setzte ich eine Anzeige auf und innerhalb einer Woche bekam ich ungefähr einhundert Zuschriften. Zwischenzeitlich hatte sich sogar eine Dame von einer Insel gemeldet, so dass ich Grace für sie reserviert hatte. Denn es ist nich so einfach, immer einen Fährplatz mit Auto zu bekommen.

Am Nachmittag vor dem Termin sagte die Dame sehr kurzfristig ab. Na ja, eigentlich war ich froh, war sie doch eben eine Erwachsene und kein Kind. Fast im gleichen Moment bekam ich eine Mail
von einer Familie mit einem 9-jährigen Kind. Viel besser, dachte ich mir. Und es war eine ganze Reiterfamilie noch dazu .Wie sich herausstellte, wohnt diese Familie sogar auf Föhr. Das ist definitiv eine Nordsee-Insel. Grace und ich konnte unser Glück kaum fassen.

Ich sagte kurzfristig einem Termin  zu, die Familie bekam nur noch einen Platz ohne Auto auf der Fähre, dafür aber das letzte Leihauto in Dagebüll. Und schon kamen sie alle angebraust.

Grace war sofort Feuer und Flamme für die Kleine. Sie gab auf Anhieb die Hufe und benahm sich auch sonst sehr vorsichtig und gut und passte auf, dass die Kleine es nicht zu eilig bekam. Das macht das Pony ja immer, wenn sie den Reiter nicht kennt. Schwupps, noch eine Runde ausgeritten, wo wir wirklich alles dabei hatten. Der Trecker mit dem Gülleanhänger war noch das Harmloseste. Alles kein Problem. Sie hatte sich in das Mädchen verliebt und umgekehrt schien es genau so.

Und tatsächlich: Grace sollte auf die Reise gehen, es ging dann wieder nur um den Fährplatz. Mit ganz viel Glück gab es dann einen Platz am folgenden Samstag und nachdem wir noch Kaffee und Kuchen genossen hatten, ging Grace fast im Galopp auf den Anhänger. Ich muss aber zugeben, dass ich den Futtereimer in der Hand hatte. :)

Sie schaute nicht mal zurück zu ihren langjährigen Kameraden und war die ganze Fahrt über lieb und brav. In ihrem neuen Heim angekommen, freundete sie sich sofort mit dem älteren Pferd an und demnächst wird sie bestimmt ihre kleine Reiterin jeden Tag zur Schule bringen.

So was gibt es bei uns ja nicht, dass man sein Pony auf dem Sportplatz in`s Paddock stellen kann und somit zur Schule reiten kann. Was für ein Luxus!

Ich vermisse Grace ganz arg, aber nun hat sie "ihren" Menschen gefunden. Und das hat sie sich nach sieben Jahren als Reitschulpony auch verdient.



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